Beschreibung*
Nachweis von Mutationen in der ABL1 Tyrosin-Kinase-Domäne in isolierten Gesamtleukozyten mittels PCR und Kapillarsequenzierung.
Ziel und Zweck der Untersuchung
Kausal für die Entstehung der chronischen myeloischen Leukämie (CML) ist das Auftreten der Philadelphia-Translokation. Als Philadelphia Chromosom wird das verkürzte Chromosom 22 bezeichnet, welches durch eine reziproke Translokation zwischen den langen Armen der Chromosomen 22 und 9 entsteht. In der Folge gelangt das BCR-Gen (breakpoint cluster region) auf Chromosom 22q11 zum ABL-Gen (Ableson leukemia virus) auf Chromosom 9q34. Dadurch entsteht das Fusionsgen BCR-ABL. Aus dem 8,5 kb langen mRNA-Transkript geht das BCR-ABL-Protein hervor, dieses ist eine dauerhaft aktivierte zytoplasmatische Tyrosin-Kinase. Die medikamentöse Behandlung soll unmittelbar nach Diagnosestellung erfolgen. Primäres Ziel ist das Erreichen einer hämatologischen Remission, sprich ein normales Blutbild und das Verschwinden aller Krankheitssymptome. Als Therapieoptionen stehen der Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib (Firstline-Therapie) und dessen Nachfolgesubstanzen (Dasatinib, Nilotinib, Bosutinib, Ponatinib), Hydroxyurea bzw. Cytarabin + Interferon alpha, welche bis vor einigen Jahren die Standardtherapie der CML darstellten, sowie die allogene Stammzelltransplantation zur Verfügung. Ein Ansprechen auf Imatinib wird mittels Knochenmarkszytologie alle drei Monate nach Therapiebeginn kontrolliert, bis ein kompletter zytogenetischer Response erreicht ist. Danach kann das Monitoring über PCR-Messung des BCR-ABL-Transkripts erfolgen. Sollte die BCR-ABL Kopienzahl wieder ansteigen, wird laut aktuellen Guidelines jedenfalls empfohlen, auf das Vorliegen einer ABL-Kinasemutation zu untersuchen. Mutationen in der ABL1 Kinase Domäne gehen generell mit einem signifikant schlechteren Ansprechen auf Tyrosinkinase-Inhibitoren einher. In einer Studie mit 40 Patienten, welche nach 12 Monaten kein komplettes molekulares Ansprechen (CMR; Anmerkung: mittlerweile obsoleter Terminus) erreichten, wurden bei 48% der Patienten Mutationen in der ABL Kinase festgestellt, wobei insb. Missense-Mutationen mit einer schlechteren Prognose einher gingen. Besonders Mutationen im Bereich der P-Loop sind mit einem schlechteren Outcome assoziiert. Es ist deswegen sinnvoll und notwendig bei Patienten mit einem BCR ABL Rezidiv, eine Sequenzierung durchzuführen um Mutationen in der Kinase-Domäne frühzeitig zu erkennen und zu charakterisieren. Die Identifikation von Mutationen in der Kinase-Domäne trägt somit einen wesentlichen Bestandteil zur richtigen Therapie bei. Die möglicherweise entstandenen Resistenzen können bei Beachtung gegenwärtiger Forschungsergebnisse/Empfehlungen von Fachgesellschaften durch den Umstieg auf andere Kinase-Hemmer umgangen werden.
Prinzip des Verfahrens
Die Gesamt-RNA wird revers transkribiert und die so generierte cDNA in einer PCR unter Verwendung eines Paars spezifischer Primer amplifiziert. In einer zweiten PCR-Runde wird das PCR-Produkt der Erstrunde mit einem Primerpaar amplifiziert, welches den genomischen Bereich der ABL-Kinase-Domäne im ABL1-Gen enger umschließt. In weiterer Folge wird das PCR-Produkt in eine dritte PCR überführt, das Cycle-Sequencing. Während der Sequenzier (Cycle Sequencing)-Reaktion führt der Einbau eines fluoreszenz-markierten dd(didesoxy)NTP zum Abbruch der Polymerisationsreaktion. Durch diese Kettenabbrüche entstehen DNA-Fragmente unterschiedlicher Länge, die am Ende jeweils mit einem von vier Fluoreszenzfarbstoffen (je nach eingebauter Base am Strangende) markiert sind. Die entstehenden Kettenabbruchprodukte werden mittels Kapillarelektrophorese aufgetrennt und mit Hilfe eines Lasers zur Fluoreszenz angeregt. Das Chromatogramm (die Abfolge der Farbsignale, die am Detektor erscheinen) gibt direkt die Sequenz der Basen des sequenzierten DNA-Stranges wieder. Mit der gemäß ELN-Empfehlungen angewandten Untersuchungsmethode (seminested RT-PCR mit bidirektionaler Sequenzierung) werden 80-90% aller derzeit bekannten, TKI-Resistenz assoziierten Mutationen in der ABL1-TKD (AS 230-400, Ref Seq NM_005157.6) erfasst. Die Nachweisgrenze der Methode liegt in Abhängigkeit der Probenqualität bei einem mutierten allelischen Anteil von ca. >15-20%. Bei einem NCN-IS <1% wird die Analyse aus Qualitätssicherungsgründen nicht durchgeführt. Bei Nachweis von >2 Mutationen kann mit dem eingesetzten Verfahren nicht beurteilt werden, ob es sich um sog. Compound-Mutationen handelt. Häufige Polymorphismen und Splice-Varianten werden nicht reportiert.
Literatur
Chronic Myeloid Leukemia, Version 1.2019, NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology. Radich et al. J Natl Compr Canc Netw. 2018 Sep;16(9):1108-1135. Mutational analysis in chronic myeloid leukemia: when and what to do?; Branford et al. Current Opinion in Hematology 2011, 18:111–116. European LeukemiaNet recommendations for the management of chronic myeloid leukemia: 2013; Baccarani et al.; Blood 2013 122: 872-884. Laboratory Practice Guidelines for Detecting and Reporting BCR-ABL Drug Resistance Mutations in Chronic Myelogenous Leukemia and Acute Lymphoblastic Leukemia; Jones et al. 2009; Journal of Molecular Diagnostics, Vol. 11, No. 1, January 2009 BCR-ABL kinase domain mutation analysis in chronic myeloid leukemia patients treated with tyrosine kinase inhibitors: recommendations from an expert panel on behalf of European LeukemiaNet Soverini et al. 2011; Blood 2011 118: 1208-1215.
Ergebniseinheit
Einheiten(sonstige)
Qualitative Analyse: ABL-Kinase-Domäne Mutation nicht nachweisbar bzw. nachweisbar mit Spezifizierung der nachgewiesenen Mutation
Synonyme
ABL-TKD Tyrosin Kinase TKD Sequenzierung
Analysenfrequenz
je nach Anforderung
Nachforderungsmöglichkeit der Analyse
(Stunden, Tage)
24 h
Spezimen
(Plasma, Serum, Harn)
EDTA-Vollblut
Sammelperiode
nicht zutreffend
Mindestvolumen pro Anforderung vor Zentrifugation
(vor Zentrifugation)
10 ml (diese Menge ist ausnahmslos erforderlich, um einen noch geringen mutational burden zu erfassen)
Abnahmegefäß inkl. Zusatzstoffe
K-EDTA Monovette
Abnahmegefäß inkl. Zusatzstoffe(sonstige)
nicht zutreffend
Spezielle Präanalytik - Probentransport
INTERN: EDTA Blut bzw. Knochenmarkaspirat SOFORT NACH GEWINNUNG mittels ROHRPOST INS ZIMCL einsenden EXTERN: EDTA Blut bzw. Knochenmarkaspirat SOFORT NACH GEWINNUNG kühlen (2-8°C) und mit COOLPACKS innerhalb von 24h ins ZIMCL versenden. EDTA-Vollblut bzw. Knochenmarkaspirat NIEMALS FRIEREN und auch KEINESFALLS auf Gefrierelemente legen!
Messbereich
qualitative Analyse
Allgemeine Störungen
(z.B. Lipämie, Hämolyse, Bilirubinämie)
•Heparin als Antikoagulans kann die PCR stören •Unzureichende Qualität und/oder Quantität des Probenmaterials v.a. durch inadäquate Präanalytik
Kreuzreaktionen
(z.B. immunologisch)
keine
Kennzeichnung des Analyse-Verfahrens nach MPG / IVDR
in-house Validierung
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